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Shakespeare in Europa: ein Projekt

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Zusammenfassung

Ziel des Projekts ist es, die Erforschung von Kulturen im Kontakt zu fördern. Das Projekt konzentriert sich auf Europa und Shakespeare, weil die Wahl dieses klar definierten Bereichs es ermöglicht, a) an einem geeigneten Beispiel drängende Fragen zu diskutieren, b) zur internationalen Forschung auf dem Gebiet der Kulturgeschichte Shakespeares beizutragen, und c) existierende Fachkompetenz an der Universität Basel zu bündeln und zu stärken.

Anfang - Voraussetzungen - Schwerpunkte - Themen - Wieso Basel? - Organisation - Personal und Ressourcen

Voraussetzungen

Kulturen im Kontakt

Zunehmende Mobilität, die Globalisierung des Handels und die Verfügbarkeit elektronischer Medien haben dazu geführt, dass die Zahl der Begegnungen zwischen Kulturen massiv zugenommen hat. Begegnungen dieser Art haben verschiedene Folgen gehabt: die Ablehnung, Unterdrückung oder Zerstörung der anderen Kultur, aber auch die Tolerierung, Aufnahme und Einbindung des Fremden, ebenso die Schaffung neuer synkretistischer Formen.

Ungelöste Kulturkonflikte haben immer wieder zu politischer Instabilität, ja zu Krieg und Bürgerkrieg geführt. Unter diesen Umständen können die Kulturwissenschaften durch die Erforschung von Kulturen im Kontakt einen Beitrag zur Lösung von Problemen leisten.

 

Wie lassen sich Kulturen im Kontakt erforschen?

Der Kulturbegriff

Solche Untersuchungen setzen Einigkeit darüber voraus, was unter Kultur zu verstehen sei. Da der Kulturbegriff selbst kulturbestimmt ist, muss er allerdings selbst immer vorläufig bleiben. Kultur soll hier in einem weiten Sinne verstanden werden, so dass sie alle Bereiche des sozialen Lebens einschliesst, nicht bloss die Literatur und die schönen Künste.

Der Vergleich von Kulturen

Interkulturelle Probleme werden meist an Konflikten und deren Bewältigung untersucht. Dafür gibt es gute Gründe, wie der Druck aktueller Probleme und deren Lösung, aber auch die Tradition mancher der Disziplinen, die sich an interkultureller Forschung beteiligen. Diese Disziplinen sind von ihrer Tradition her hauptsächlich am national Besonderen (z.B. Literaturwissenschaften) oder am Authentischen (z.B. Anthropologie) interessiert.
Ebenso sehr kann es aber von Interesse sein, die Aehnlichkeiten und Synergien zu studieren, die durch Kulturkontakte entstehen, bzw. sichtbar werden.

Schwerpunkte sind nötig

Zur Behandlung der Fragen, die hier skizziert werden, liessen sich internationale Projekte von gewaltiger Grösse und Komplexität vorstellen. So nützlich diese sein könnten, sie hätten doch nur Erfolg, wenn sie von klaren Fragestellungen ausgehen und sich auf klar begrenzte Gebiete beschränken. Themen, die sich eignen, müssen ein tertium comparationis zulassen und ein klar abgegrenztes Studiengebiet betreffen, das für alle beteiligten Kulturen von Interesse ist. Gleichzeitig sollten diese Themen eine historische Dimension haben und in verschiedenen kulturellen Bereichen eine Rolle spielen.

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Schwerpunkte

Europa

In einer Zeit, in der Europa sich zu einer ökonomischen und politischen Institution entwickelt, stellt sich die Frage: Gibt es auch eine europäische Kultur? Insbesondere: Gibt es eine europäische Kultur, die über die Wurzeln in der griechischen und römischen Antike (die in der Renaissance neu hervorgehoben wurden) weitere Gemeinsamkeiten hat? Oder ist nicht gerade die Verschiedenheit der Kulturen und der Sprachen charakteristisch für das, was Europa ausmacht? Wenn dies zutifft: Könnte man diese Verschiedenheit als etwas Verbindendes, nicht nur Zufälliges erkennen, wenn es nicht Gemeinsames gäbe, das die die Verschiedenheit sichtbar macht?

Diese Fragen sind komplex, und sie werden zusätzlich kompliziert durch die Tatsache, dass jede Forschung im Bereich dieser europäischer Kultur im jetzigen Zeitpunkt ebensosehr ein Beitrag ist dazu, sie zu schaffen, wie ein Versuch, Belege für ihre Existenz zu sammeln.

Theater und Drama

Das Theater bietet sich für eine Schwerpunktbildung an, weil es der Ort ist, wo Kulturen ihre Anliegen immer wieder zur Sprache bringen, festhalten, und Veränderungen vorwegnehmen.

Das Drama, insbesondere in der Form des klassischen dramatischen Texts, erleichtert zudem den Vergleich von geographisch und historisch verschiedenen Ausdrucksformen.

Shakespeare

Eine europäische Anekdote

1984 unternahmen fünf renommierte europäische Zeitungen (Lire, El Pais, La Stampa, Die Zeit und The Times) spielerisch den Versuch, eine "Europäische Literatur-Gemeinschaft" zu bilden. Zu diesem Zweck fragten sie ihre Leserschaft, welches für sie die wichtigsten europäischen Dichter oder Dichterinnen seien. Die Resultate waren eindeutig: In Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland wurde Shakespeare an erster Stelle genannt. Nur die englische Leserschaft entschied sich für Dante--die Regeln der Umfrage verboten es, jemand aus dem eigenen Land zu nennen.

Seit dem späten 18. Jahrhundert zeigt sich Shakespeares Bedeutung für die europäische Kultur an seinem Einfluss auf die verschiedensten Nationalliteraturen durch die vielen Übersetzungen, Adaptationen und Aufführungen seiner Werke.

Kein Oeuvre bietet reichhaltigeres Material für ein Projekt wie das hier vorgestellte als das Shakespeares. Er bietet ein neuzeitliches tertium comparationis, im Gegensatz zum klassischen, das so oft dazu gebraucht worden ist, um das zu schaffen, was es beschreibt.

Shakespeare als kulturelles Phänomen

Shakespeare soll im Rahmen des Projekts als kulturelles Phänomen in seinen verschiedenen sozialen, politischen und historischen Kontexten betrachtet werden und nicht nicht als das im 18. Jahrhundert konstituierte Universalgenie. Dies bedeutet, dass Fragen des kulturellen, sozialen und politischen Diskurses eine wichtige Rolle zu spielen haben, sofern sie mit den unter "Vorraussetzungen" genannten Bedingungen zu tun haben.

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Themenbereiche

Folgende Themen sind von besonderem Interesse:

  • Shakespeare und seine Figuren als kulturell wirksame ikonische Zeichen
  • Wie wird Shakespeare in verschiedenen Kulturen und historischen Momenten dargestellt?
  • Für welche Werte und Ideen steht er? (Monumente, Namen von Gebäuden, etc.)
  • Wie werden seine Figuren verwendet?
  • Wie werden seine Figuren (z.B. Shylock) in den Theatern verschiedener Länder zu verschiedenen Zeiten dargestellt?
  • Wie gehen verschiedene Kulturen mit dem Konzept von Raum, bzw. der Lokalisierung um?
  • Adaptationen: Wie werden Shakespeares Werke in verschiedenen Genres adaptiert (Opern, Romane, etc.)? Wie wird Shakespeare modernisiert? Welchen regionalen, politischen und emotionalen Bedürfnissen dienen diese Adaptationen?
  • Uebersetzungen: Welche Uebersetzungskonzepte werden angewandt? Welche sprachlichen Formulierungen werden an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten als einander entsprechend verstanden?
  • Shakespeare in der Literaturkritik: Gibt es europäische/nationale Ansätze in der Shakespeare-Kritik? Welche Rolle spielt Shakespeare bei der Herausbildung akademischer Traditionen in verschiedenen Ländern?

Was ist bereits geleistet worden?

Studien zu den skizzierten Themen kommen vor allem aus dem Bereich der Theaterwissenschaft und behandeln deshalb vor allem Inszenierungstraditionen.Vgl. Dennis Kennedy, Looking at Shakespeare (1993); Dennis Kennedy. Hrsg. Foreign Shakespeare (1993); Michael Hattaway, Boika Sokolova und Derek Roper. Hrsg. Shakespeare in the New Europe (1994).

 

Was ist neu?

Beim Basler Projekt geht es vor allem um (a) die interkulturelle und (b) die kulturgeschichtliche Dimension Shakespeares, andernorts fast ausschliesslich um Shakespeare in seiner Zeit, um seine Texte und darum, wie diese aufgeführt worden sind.

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Wieso Basel?

Basel eignet aich aus vielen Gründen für dieses Projekt. Basel ist ein europäischer Ort, an den Grenzen zu Frankreich und Deutschland. Dieser Lage verdankt Basel auch seinen europäisch-urbanen Charakter, der sich durch Offenheit und einen Sinn für das Verschiedene auszeichnet.

Die Universität Basel ist seit ihrer Gründung (1460) international ausgerichtet. Sie war stets eine Universität von europäischem Ruf; aber sie ist klein geblieben, was sich nun als Vorteil erweist: die Kommunikation zwischen einzelnen Disziplinen und Fakultäten ist noch gut möglich. Es gibt ein Europa-Institut, welches interdisziplinäre Abschlüsse anbietet. Ausserdem ist die Universität Teil von EUCOR, einem Programm, das die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten am Oberrhein, in Frankreich, Deutschland und der Schweiz, fördert.

Die Shakespeare-Forschung am Englischen Seminar hat, wie diverse Publikationen bestätigen, Tradition. In jüngerer Zeit hat es sich zu einem der Zentren der Shakespeare-Edition im deutschsprachigen Raum entwickelt.

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Organisation

Regelmässige Treffen

Es sind regelmässige Treffen vorgesehen (ca. drei pro Semester, jeweils montags von 18-20 Uhr) für die Diskussion laufender Projekte, Gastvorträge und -seminare. Die Treffen stehen allen Interessierten offen, besonders den Studierenden, ehemaligen Studierenden, die den akademischen Austausch weiter pflegen wollen, Kolleginnen und Kollegen. Eine Datenbank mit Adressen ist im Aufbau.

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass in Zentral- und Osteuropa wichtige Arbeit auf dem Gebiet des Projekts geleistet wird. Kontakte mit Forschenden aus diesen Regionen sollen deshalb besonders gefördert werden.

Lokale Ressourcen

Personal

Folgende am Seminar arbeitende Personen sind beteiligt:

  • Balz Engler, Professor für englische Literaturwissenschaft
  • Ladina Bezzola, Dr. phil., Assistentin
  • Werner Brönnimann, Professor für englische Literaturwissenschaft
  • Markus Marti, Dr. phil., wissenschaftlicher Mitarbeiter
  • Jenny Jermann, Dr. phil., Mitarbeiterin Studienausgabe
  • Manuela Rossini, Dr. des.
  • Sylvia Zysset, cand. phil., Mitarbeiterin Studienausgabe (vom Nationalfonds angestellt)

 

Die Shakespeare-Ausgabe

Das Seminar ist seit Beginn am Projekt der Englisch-Deutschen Studienausgabe der Dramen Shakespeares  beteiligt (vgl. dazu Schaufensterphoto und den Artikel "Shakespeares Sprache" von Sylvia Zysset). Vier Stücke sind bereits publiziert worden (Othello, Troilus und Cressida, Julius Caesar, Timon von Athen ); vier weitere Stücke sind in Bearbeitung (Heinrich VI, Teil 1, König Lear, Titus Andronicus, Die beiden Veroneser ). Zur Ausgabe siehe auch Hompage des Verlags: http://www.stauffenburg.de

Die Arbeit an diesen Ausgaben bildet eine solide Basis für das Projekt: Erfahrungen im Bereich der Kulturvermittlung in historischer wie geographischer Hinsicht (Strategien der Textinterpretation und des Uebersetzens). Durch die Ausgabe ist auch eine Vernetzung mit anderen Universitäten entstanden, vor allem mit Deutschland und Oesterreich.

Bibliothek

Dank der Tradition der Shakespeare-Studien, insbesondere auch dank der Edition hat das Seminar eine ansehnliche Sammlung wichtiger Bücher und CD-ROMs zur Verfügung (Shakespeare Editions, English Verse Drama, OED, The English Bible).

 

 

 

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Shakespeare in Europe
University of Basel, Switzerland

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last changes: January 2003